Geschichte des Werner Otto Instituts

Das Werner Otto Institut in Hamburg war bundesweit eines der ersten Sozialpädiatrischen Zentren für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen. Es zählt heute zu den größten Einrichtungen seiner Art - inzwischen wurden mehr als 50.000 Kinder behandelt. Das Fachwissen der Expertinnen und Experten wird weit über Norddeutschland hinaus geschätzt.

Anfänge der Sozialpädiatrie

Gegen Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre setzte sich bei einigen Kinder- und Jugendärzten die Erkenntnis durch, dass eine rein medizinische Versorgung von Kindern mit Behinderung nicht ausreichte. Gezielte Förderung und Therapie waren – und sind – notwendig, damit diese Kinder ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten entdecken, erweitern und einsetzen können – und somit dem Ziel, ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, möglichst nah kommen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit von Medizinern, Psychologen, Therapeuten und Heilpädagogen notwendig – heute selbstverständlich, 1968 jedoch ein außergewöhnliches Konzept, das Prof. Theodor Hellbrügge im bundesweit ersten Sozialpädiatrischen Zentrum, dem Münchner Kinderzentrum, umsetzte.

1974 Gründung des Werner Otto Instituts

Nur wenige Jahre später, 1974, wurde in Hamburg in Trägerschaft der Evangelischen Stiftung Alsterdorf ein Sozialpädiatrisches Zentrum gegründet: Das Werner Otto Institut. Benannt ist es nach dem Hamburger Kaufmann Werner Otto, der den Bau durch eine großzügige Millionenspende möglich machte.

„Gebt den Kindern die optimale Starthilfe zum Leben“ – diesen Leitsatz gab Werner Otto, selbst Vater von fünf Kindern, dem Institut mit auf den Weg. Zum 25jährigen Jubiläum machte Prof. Otto durch eine weitere Spende den Ausbau des Instituts möglich.

Kompetenzzentrum für Entwicklungsstörungen (im Kindes- und Jugendalter)

Von 1995 bis Mitte 2019 wurde das Werner Otto Institut von Dr. Christian Fricke geleitet. Er setzte sich maßgeblich dafür ein, dass das Angebot der Sozialpädiatrischen Zentren auf qualitativ höchstem Niveau erhalten und ausgebaut wurde.

So wurde ein Hörscreening für Neugeborene mit entwickelt und eingeführt, um Schwerhörigkeit so früh wie möglich zu erkennen und ggf. zu behandeln. Auch in der Therapie von frühkindlichen Regulationsstörungen, Spina bifida, Hör-, Sprach- und Bewegungsstörungen ist das Werner Otto Institut führend.

Nachfolger von Dr. Christian Fricke ist seit 1.8.2019 Dr. Joachim Riedel als Ärztlicher Leiter.

Eltern-Kind-Klinik

In den vergangenen Jahren lässt sich beobachten, dass die Zahl der Kinder mit psychischen Störungen und starken Verhaltensauffälligkeiten zugenommen hat. Deshalb wurde das Behandlungsangebot entsprechend erweitert.

2005 entstand aus dieser Arbeit der Fachbereich Kinder- und Jugendpsychiatrie, der zum Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf gehört, aber personell und räumlich eng mit dem Werner Otto Institut kooperiert. Schwerpunkt der stationären Behandlung liegt auf der Behandlung von Kindern bis zu 12 Jahren, die stets mit einem Elternteil aufgenommen werden. Zu den psychischen Störungen, unter denen die Kinder leiden, zählen Ess-, Fütter-, Schrei- oder Ausscheidungsstörungen, Aggressionen, Ängste und Zwänge. Nähere Informationen zum Angebot im Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf finden Sie hier.

SPZ heute - wichtiger Beitrag zur Inklusion

Die Nachfrage von Eltern nach Behandlung und Therapie im SPZ und auch der Kinder- und Jugendpsychiatrie übersteigt bei weitem das Angebot der von den Krankenkassen genehmigten Behandlungsplätze, weshalb es teilweise zu langen Wartezeiten kommt.

Seit seiner Gründung ist die Aufgabe des Werner Otto Instituts im Kern die gleiche geblieben, hat sich allerdings gleichzeitig stark gewandelt: Im Mittelpunkt steht nach wie vor das Kind mit Entwicklungsverzögerungen oder Behinderungen. Bei der Gründung der WOI war es das Ziel, überhaupt ein spezialisiertes Angebot für diese kleinen Patienten aufzubauen, um sie optimal zu fördern und zu therapieren. Heute übernehmen niedergelassene Kinder- und Jugendärzte, niedergelassene Therapeuten, Frühförderzentren und Kinder- und Jugendpsychiater eine Vielzahl dieser ursprünglichen Aufgaben.

Das macht die Sozialpädiatrischen Zentren wie das Werner Otto Institut jedoch keineswegs überflüssig. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen es als ihre Aufgabe, stets die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf Relevanz für ihre Arbeit zu prüfen, modellhaft zu erproben und anzuwenden. Aufgrund der hohen Fachlichkeit und Spezialisierung werden neue Behandlungsansätze entwickelt und überprüft. Gerade die enge Vernetzung der verschiedenen Fachdisziplinen bietet für Patienten mit schwierigen oder seltenen Krankheitsverläufen die Möglichkeit, therapeutische Lösungen zu realisieren. Damit leistet das Werner Otto Institut einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die jedem Menschen mit Behinderung das Recht zusichert, die bestmögliche medizinische Versorgung zu bekommen, um ein hohes Maß an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen.